Jahr

2024

Typ

Studie

Auftraggeber

NEOFORM Labor

Status

Entwurf

TopUp –
Stadtumbau weiterdenken

In zahlreichen deutschen Städten gibt es mitten in den innerstädtischen Zentren immer noch unbebaute Lücken oder Fehlstellen. Viele dieser Orte sind durch Kriegszerstörung, verfallsbedingten Abriss oder nicht gelöste städtebauliche Nahtstellen entstanden. Schwer auflösbare Eigentumsverhältnisse, schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen oder bauordnungsrechtliche Herausforderungen des Ortes erschweren oder verhindern eine Entwicklung.

Einer dieser Orte ist das Fragment der „Sächsischen Handelsbank“ an der heutigen Anton-/Leipziger Straße. Vom einst prächtigen Eckgebäude zwischen Marienbrücke und Bahnhof Neustadt ist nach den verheerenden Zerstörungen der Bombenangriffe von 1945 im Bereich der Ecke nur noch der eingeschossige Sockel geblieben. Entlang der Leipziger Straße (damals Kaiserstraße) steht noch ein erhaltener Gebäudeteil, welcher heute als Apartmenthaus mit erdgeschossiger Gewerbenutzung betrieben wird.

Dieser Ort in der Mitte unserer Stadt ruft nach einer Entwicklung, einem Versuch, das Stadtgefüge zu heilen und gleichzeitig Möglichkeitsräume zu schaffen. Wir möchten anhand eines gedanklichen Experiments den folgenden Beitrag für einen Diskussionsanstoß liefern.

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Postkarte um 1930 – Quelle www.altesdresden.de

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„Selbst der immense Druck auf den innerstädtischen Immobilien- und Wohnungsmarkt führt nicht dazu, dass solche schwierigen Situationen aufgelöst werden können. Es benötigt andere Herangehensweisen an die Art und Weise zu bauen um derartige Potenziale freizusetzen.“
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Welche Herausforderungen sind zu lösen ?

So gern man das Gebäude nach seinem historischen Vorgängerbau rekonstruieren möchte, so herausfordernd oder sogar unmöglich scheint dieses Ziel unter den aktuellen ökonomischen Herausforderungen.

 

Bauordnungsrechtlich stellt sich die Frage nach einem genehmigungsfähigen Brandschutzkonzept. Die stark befahrenen und mit Oberleitungen überspannten Straßen erschweren entlang der Straßen zulässige Aufstellflächen für Rettungsgeräte der Feuerwehr im Sinne eines zweiten Rettungswegs.

 

Der in Nutzung befindliche Erdgeschoss-Sockel sollte möglichst weiter in Nutzung bleiben. Betreibende haben sich etabliert und sollten unbedingt gehalten werden.

 

Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach einer möglichen Wohn- und Aufenthaltsqualität am Schnittpunkt der hochfrequentierten Verkehrsachsen.

Wir möchten für diese herausfordernde Stelle im Dresdner Stadtgefüge einige Fragen aufwerfen, deren Tragweite möglicherweise auch über den Ort hinaus wirken kann:
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Können der neue vereinfachte Gebäudetyp E und die neue Musterholzbaurichtlinie neue Wege eröffnen?
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Kann es mögliche Alternativen zum klassischen Massivbau geben um genau solche Orte zu aktivieren?
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Könnten Vereinfachungen der Genehmigungs- und Förderpraxis von Städten und Gemeinden Anreize bieten, schwierige Flächen zu entwickeln um dringend benötigten Wohnraum zu schaffen?
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Wie bringt man die teilweise in Wechselwirkung stehenden Anforderungen von Denkmalschutz, Klimaanpassungsstrategien und ökonomischer Machbarkeit zusammen?
Ein Holz [hybrid] bau kann
… vorgefertigt, kurzfristig und ökonomisch errichtet werden.
… den Lasteintrag in die bestehende Konstruktion minimieren und ohne massive Eingriffe im Erdgeschoss erfolgen.
… temporär gedacht sein und bei sich ändernden Rahmenbedingungen leichter zurück- oder umgebaut werden.
… eine hohe Nutzungsflexibilität der Grundrisse erzeugen.
… durch die hochgradige Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen große Mengen an CO2 binden.
… in Hinblick auf den weitestgehenden Verzicht auf Verbundmaterialien einen Beitrag zu einer kreislauffähigen Bauwirtschaft leisten.

Idee für eine Struktur

Wir möchten leistbaren (Wohn-) Raum schaffen und städtische Raumerfahrungen wiederbeleben. Unser Entwurf verzichtet auf den Anspruch, der prunkvollen Architektur seines Vorgängers nachzubilden. Wir reduzieren die architektonischen Elemente auf die wesentlichen Bauteile Decke/Stütze/Wand und beziehen den ästhetischen Anspruch aus einer Einfachheit und der Reduktion auf das Notwendige.
Eine vorgelagerte Balkonebene schafft einen Klima- und Lärmpuffer sowie für die Bewohner aneignungsfähige Außenbereiche. Die Holzskelettkonstruktion ermöglicht die Trennung von Tragkonstruktion und raumbegrenzenden Wänden – dadurch können die Nutzungseinheiten flexibel angepasst werden, was eine lange Nutzungsdauer und Wiederverwendbarkeit der Konstruktion unterstützt.
Holz als nachwachsender Rohstoff reduziert den ökologischen Fußabdruck des Gebäudes und bindet über seine Lebensdauer hinweg CO2. Zusätzlich sorgt der außenliegende Sicherheitstreppenraum für ein sicheres Entfluchtungskonzept im Brandfall und steift den Holzbau statisch aus. Auf dem Dach kann ein grüner Garten entstehen, der den Nutzern des Gebäudes Kommunikationsorte und besondere innerstädtische Erfahrungen ermöglicht. Der Dachgarten trägt durch die Begrünung zur Verbesserung des Stadtklimas bei, indem er die Luftqualität erhöht, Hitzeinseln reduziert und Regenwasser zurückhält.
Die Entwurfsidee berücksichtigt passive Klimaschutzmaßnahmen, wie eine natürliche Belüftung und Beschattung durch die Balkonebene, um den Energieverbrauch zu minimieren. Zudem ist der Einsatz von energieeffizienten Technologien, wie beispielsweise der Photovoltaikanlage auf dem Dach und einer energieeffizienten Heiz- und Kühllösung denkbar. Durch diese Maßnahmen wird nicht nur der ökologische, sondern auch der soziale und ökonomische Aspekt der Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt gestellt.

Flexibilität

Diskutieren Sie mit und schreiben Sie uns Ihre Gedanken. Wir sammeln diese und möchten schauen, ob und was sich im Weiteren damit bewegen lässt. diskurs[at]neoform.org.